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Ich bin nicht gut genug

Imposters Albtraum

Als ich nach Deutschland kam, sprach ich kein Wort deutsch. Als ich, kurz darauf in den Kindergarten ging, hatte sich daran nichts geändert. Lange war mir nicht bewußt, wieso ich mich kaum an diese ersten Jahre erinnerte. Schließlich war ich ja bereits 6 Jahre, als ich nach Deutschland kam.

Die Erklärung kam ca. 25 Jahre später. Als mir Jemand etwas um die Ohren haute, das mich so umwarf, dass ich mich weit über 10 Jahre nicht davon erholen konnte. Natürlich war mir das damals nicht bewußt.

Dieser Jemand hatte meinen Glaubenssatz, von dem ich nicht wußte, dass ich ihn hatte, so aufgekocht in einem „Gespräch" serviert, dass ich danach innerlich, das kann ich heute mit Sicherheit sagen, komplett zu Staub verfallen bin. 

Das war auch das Bild, das ich hatte, als ich nach diesem Gespräch nach Hause ging. Ich hatte das Gefühl, ich würde wie Staub entlang der Strassenrinne nach Hause wehen.

(Ja, ich liebe es in Bildern zu sprechen! Ich bin schon immer Jemand, der sich besser in Metaphern mitteilen kann, weil da auch Gefühle gleich mit transportiert werden.)

 

Nie gut genug

Dieses, ich bin nicht gut genug, das ich im Laufe der Zeit durch "Gegenbeweise“ überwunden zu haben glaubte, wurde über mir ausgeschüttet von Jemandem, den ich sehr bewunderte, einem Vorbild, das mir bis dahin nur wohlgesonnen gegenübertrat.

Und diesen Verrat konnte ich nicht verstehen. Denn er ergab keinen Sinn! Welchen Grund sollte sie haben, so etwas zu behaupten, wenn es nicht stimmte? Deshalb glaubte ich, was sie sagte.

Und Nichts und Niemand konnte mich vom Gegenteil überzeugen. Mit der Zeit wurde es schlimmer und schlimmer. 

Ich versuchte es Allen zu beweisen: Ich bin gut! Ich kann was! Und ich kann es gut! 

Aber alles, was ich tat war nicht gut genug, für mich! Nicht für die anderen.

ICH hatte immer das Gefühl es reicht nicht, während Andere nicht glauben konnten, was ich alles auf die Beine stellen konnte und was ich Zustande brachte.

Kein Lob kam an, kein anerkennendes oder liebes Wort! Schlimmer noch:

Ich glaubte den Menschen um mich herum nicht! Ich dachte, sie sind nur nett zu mir, weil ich so zu gar nichts zu gebrauchen bin!

(Wie meine Mutter immer sagte: „Jede Familie hat einen Versager! Bei uns bist du das eben!“)

 

 

Mein Glaubenssatz hätte mich fast umgebracht. Oder du kannst auch sagen, ich hätte mich deswegen fast umgebracht.

Aber es ist alles anders gekommen. Und dafür bin ich wirklich täglich dankbar.

Total zerbrechlich und wundervoll traurig

Ich durfte endlich herausfinden, wieso ich mich nicht an die ersten Jahre in Deutschland erinnern konnte. 

Dieses totale zu Staub zerfallen brachte all den Schmerz meiner frühen Jahre in Deutschland ans Licht. Meine Traurigkeit, Verzweiflung, meine Einsamkeit als 6-jährige, die es gewohnt war den ganzen Tag mit ihren Freunden wild durch die Gegend zu toben. Bei Hunger kehrten wir bei irgendeiner Mutter der Kinder ein, schlangen alles rein, um so schnell wie möglich wieder raus zu können. Totale Freiheit. Und plötzlich war alles verboten: zu gefährlich zu unbekannt, zu allein. Ohne Sprache.

Aussenseiterin im Kindergarten, beleidigende Beinamen, sich erst alles erkämpfen müssen.

 

Endlich bekam ich Kontakt zu dem Bereich meines Selbst, das diese Erfahrungen und Gefühle all die Jahre getragen hat, damit ich sie nicht erleiden musste. Damit meine junge, zerbrechliche Seele nicht unter ihnen zersprang. 

Wie WUNDERVOLL und zugleich TRAURIG war diese Entdeckung!

Auch das kostete noch einmal viel Kraft. Ich lernte Mitgefühl mir selbst gegenüber zu empfinden und Verständnis für dieses Gefühl, diesen Glaubenssatz zu entwickeln. Dadurch schwand magischerweise seine „Macht“, machte ihn kontrollierbarer.

Seit dieser Erfahrung bin ich ganz mutig, wenn es darum geht, Kontakt zum Inneren aufzunehmen. Ich habe das Arbeiten mit „inneren Selbstanteilen“ (Innere Kinder) erlernt und bin seitdem innerlich zu einem ganz neuen Universum gewachsen. Ich bin ganz klar mit mir in Bezug auf Selbstfürsorge, verständnisvoll mir selbst gegenüber statt mich selbst weiter zu peitschen. Das alles führte nach und nach zu einer inneren Kraft und Stärke, die mich trägt und auf die ich mich immer wieder besinnen kann.

 

Die Wahrheit im Hier und Heute

Und jetzt kommt trotzdem noch ein Stück Wahrheit:

Nein, mein Leben ist auch heute noch kein Honigschlecken. Ich habe immer noch Zweifel, habe Ängste, fühle mich unsicher. Aber es ist anders. Ich kann relativ schnell eingreifen, weiß, was ich tun kann, damit ich wieder in meine Mitte komme. Kontakt zu mir, meiner inneren Stärke komme. in Kontakt mit meiner wilden Gang von inneren Anteilen, die inzwischen fast zu 100% zusammenarbeiten und sich gegenseitig unterstützen.

Und dieses Gefühl ist so erfüllend, ich kann es nicht anders ausdrücken. Manchmal spüre ich, dass Alle zusammenarbeiten oder etwas toll finden, was ich mache. Und diese Nachricht schicken sie mir als Gefühl: breites Lächeln, innerlich ganz voll und erfüllt, manchmal schon fast ein Glucksen im Hals. Und dann weiß ich, ich habe meine traurige Kleine gefunden und aus ihrer Einsamkeit geholt. Dieses Gefühl, dieses volle, pralle glucksende Lebensgefühl, das sie mir nun schickt, ist alles für mich.

 

Kommentare: 1
  • #1

    Britta (Montag, 26 Juli 2021)

    Love ♥️Danke für‘s Teilen!Du bist sowas von gut genug ♥️Danke für dein Sein liebste Emel ��